• Familie: Lestidae – Teichjungfern
  • Gattung: Sympecma – Winterlibellen
  • Art: Sympecma paedisca (Brauer, 1877)
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  • DE: Sibirische Winterlibelle
  • FR: Leste enfant
  • IT: Leste di Brauer, Invernina delle brughiere
  • EN: Sibirian Winter Damsel

Wissenswertes

Sympecma paedisca ist nebst Sympecma fusca die einzige Libellenart Europas, welche im Imaginalstadium überwintert. Sie ist der viel häufigeren Sympecma fusca sehr ähnlich und nur am ausgebuchteten Unterrand des oberen Bruststreifens eindeutig zu identifizieren. Die Arten sind so ähnlich, dass es bei überlappender Verbreitung zu Fremdpaarungen mit Eiablagen kommen kann. Ob die Eier sich entwickeln ist hingegen nicht bekannt.

Sympae10 M SK
Sympae11 M SK
Sympae20 W SK
Sympae30 P SK

 

Merkmale

Gesamtlänge: 36-39 mm

Grundfarbe hellbraun, oberseits mit dunkelbrauner bis kupfern irisierender Zeichnung. Zeichnung auf S3-S6 torpedoförmig. Unterrand des oberen Bruststreifens ausgebuchtet. Alle vier Flügel in Ruhe auf einer Körperseite geschlossen. Pterostigmen hellbraun und länglich, an Vorder- und Hinterflügel nicht gleich weit von der Spitze entfernt (bei geschlossenen Flügeln beide sichtbar; Gattungsmerkmal). Augen von geschlechtsreifen Tieren (im Frühling zu beobachten) mit bläulichem Glanz. Männchen und Weibchen fast identisch (nur an Geschlechtsteilen zu unterscheiden).

Männchen

Die unteren Hinterleibsanhänge überragen den Basalzahn der oberen nicht.

Weibchen

Die Geschlechtsteile des Weibchens sind wenig charakteristisch.

Jungtiere

Augen hell, ohne blauen Glanz. Dunkelbraune Färbung schimmert zuerst grünlich.

Belegfoto

M/W: Thoraxseite von schräg oben (Bruststreifen sichtbar).

 

Verbreitung

Die europäische Verbreitung dieser Art konzentriert sich auf den Nordosten. In den übrigen Gebieten ist Sympecma paedisca selten oder abwesend. Die nächstgelegene grosse Population befindet sich in Südbayern.

Die Schweiz stellt somit den Westrand des gesamten Verbreitungsgebietes dar. Bei uns ist Sympecma paedisca seit jeher selten und nur lokal verbreitet. So ist sie aktuell nur noch im Walliser Rhonetal und am Bodensee nachgewiesen. Ältere Funde weisen darauf hin, dass sie vor den grossen Gewässerkorrekturen im Schweizer Mittelland noch weiter verbreitet war. Sie bevorzugt Höhenlagen zwischen 300-600 m.

 
Kartenhintergrund © swisstopo; Verbreitungsdaten © info fauna
Diagramme © info fauna

 

Biologie

Phänologie

Schlupfperiode: Ende Juli bis Ende August (vereinzelt ab Mitte Juli und bis Anfang September).
Flugzeit: Imagines können das ganze Jahr über beobachtet werden.

Lebensraum

Sympecma paedisca bewohnt vorwiegend flache, sich rasch erwärmende Überflutungs- und Verlandungszonen von Seen, Weihern und Teichen, aber auch Moorgewässer sowie grundwasserbeeinflusste Flutmulden und selten Abbaugewässer. Bevorzugt werden Gewässerbereiche mit reicher bulten- und schlenkenreicher Vegetation sowie schwankendem Wasserstand. Vorübergehende Trockenzeiten kann die Art vermutlich überdauern.
Sie ist wie Sympecma fusca auf geeignete Winterquartiere in der Umgebung der Gewässer angewiesen. Dabei überwintert sie teilweise direkt in der Ufervegetation des Entwicklungsgewässers oder an bis zu 20 km entfernten Orten. Sie bevorzugt geschützte Stellen, kann aber auch unter raueren Bedingungen an windexponierten Orten in Wiesen und Stauden auskommen, wo sie den Witterungen frei ausgesetzt ist.

Lebensweise Imagines

Während der Reifungszeit halten sie sich meist in der näheren Umgebung des Gewässers auf. Danach entfernen sie sich zunehmen auch weiter weg vom Fortpflanzungsgewässer und nutzen die Zeit bis in den Spätherbst zur Jagd, um sich Fettreserven anzulegen. Den Winter verbringen sie meist bis 60 cm hoch frei in der Vegetation entweder in der Ufervegetation des Gewässers oder weiter entfernt. Sie überleben von Raureif bedeckt nachweislich Temperaturen von bis zu -17 °C. Bei Temperaturen über 0 °C können sie sich bewegen, fliegen können sie erst ab 12 °C. In wärmeren Wintern mit nassem Wetter erlebt die Art Einbussen, weil sie bei mittleren Temperaturen aktiv wird und mehr Energie braucht.

Im März/April kommen die geschlechtsreifen Tiere an ihre Fortpflanzungsgewässer. Männchen verteidigen Reviere und warten auf Weibchen.

Die Eiablage erfolgt in totes Pflanzenmaterial oder grüne Pflanzen und findet meist im Tandem statt.

Der Schlupf findet meist an emersen oder Uferpflanzen 10-20 cm über der Wasseroberfläche statt.
Dank ihres guten Ausbreitungsvermögens kann die Art neue geeignete Gewässer vermutlich schnell besiedeln.

Lebensweise Larven

Die Larven schlüpfen wenige Wochen nach der Eiablage im Frühling und entwickeln sich in zwei bis drei Monaten.

 

Gefährdung und Schutz

Gesamteuropäisch ist die Art nicht gefährdet. Aufgrund ihrer spärlichen Verbreitung und lokalen Seltenheit ist Sympecma peadisca in der Schweiz und weiteren Ländern Mitteleuropas vom Aussterben bedroht (CR). Die Schweizer Populationen befinden sich am südwestlichen Rand ihres Verbreitungsgebiets, sie war hier immer selten und es bleibt ungewiss, ob sie sich hier halten kann.

Generell sind die Populationen durch Unregelmässigkeiten im Wasserregime, Ausbreitung von Schilf und Gehölzen, ungeeignete Pflege, Freizeitaktivitäten im Uferbereich sowie Nährstoffeintrag aus der Umgebung gefährdet. Die Population im Wallis ist insbesondere durch ihre Isolation bedroht.
Wichtigste Massnahme ist der konsequente Schutz aller bekannten Standorte sowie eine jährliche Kontrolle der Restpopulationen im Hinblick auf allenfalls notwendige Pflegemassnahmen.

Zum Artenschutzblatt

  • Rote Liste: CR - Vom Aussterben bedroht
  • Nationale Priorität: 1 - Sehr hohe Priorität
  • NHV: Geschützt

 

Ähnliche Arten

Sympecma paedisca sieht der viel häufigeren Sympecma fusca sehr ähnlich. Die Arten sind nur anhand eines kleinen Details auf der Thoraxseite zu unterscheiden. Zudem kann es zu Verwechslungen mit Weibchen und Jungtieren von Platycnemis pennipes kommen, welche ebenfalls hellbraun-beige gefärbt sind. Auch sind die meisten frisch geschlüpften Tiere der Familie Coenagrionidae ebenfalls blass bräunlich gefärbt.

Sympecma fusca – Sibirische Winterlibelle
Äusserer Rand des oberen Bruststreifens gerade, ohne Ausbuchtung.
M: Untere Hinterleibsanhänge überragen den Basalzahn der oberen.

Platycnemis pennipes – Blaue Federlibelle
W: Heller und niemals intensiv dunkelbraun gezeichnet. Thoraxseiten mit zwei schwarzen Streifen. Hinterschienen weiss gefiedert und verbreitert.

Coenagrionidae – Schlanklibellen
J: Pterostigmen der Vorder- und Hinterflügel decken sich bei geschlossenen Flügeln.